Die goldene Mitte!

Der Weg nach Neumünster ist mir wohl vertraut, streßfrei waren wir etwa eine Viertelstunde vor Anpfiff am Spielort.

Sergej Salov war erst in der Nacht auf Sonntag wieder aus Moskau zurückgekehrt (so gegen 2 Uhr nachts). Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, bei uns am ersten Brett zu spielen. Es war dann aber nicht verwunderlich, dass hier die erste Friedenspfeife geraucht wurde.

An meinem Brett 8 fühlte ich mich ein wenig von der Eröffnung meines Gegners provoziert und stellte mich prompt ungeschickt auf. Erst allmählich dämmerte mir, dass ich ziemlich im Hemd dastand. Mit einem Bauernopfer konnte ich mich ein wenig entlasten. Bei der Frage, ob mein Gegner diesen Bauern zurückgeben oder aber die Qualität opfern sollte, entschied er sich für die Qualität. Soweit ok für mich. Als ich mich endlich wohl fühlte in der Stellung, stellte ich einen Bauern ein. Ich entschied mich, die Qualität zurückzugeben und in ein hoffentlich remisliches Damenendspiel bzw. Dauerschach abzuwickeln. Dabei schoss ich allerdings den Bock des Tages, der aber auch meinem Gegner glücklicherweise nicht auffiel. Remis und ich war es zufrieden.

Detlef Pohl war gesundheitlich etwas angeschlagen, aber auch er saß am Brett (7). Auch hier eine ziemlich frühe Punkteteilung.

Joachim Berger an Brett 2 war nicht abgeneigt, ein frühes Remisangebot seines Gegners anzunehmen, spielte aber erst einmal weiter, er stand nach eigener Aussage ja auch gar nicht so schlecht. Er hatte einen Mehrbauern, stand sehr aktiv, seinem Gegner rannte die Zeit davon, er hatte Schweißperlen auf der Stirn… Aber irgendwie hat Joachim den Vorteil so um den 40. Zug verbaselt. Sein Gegner bot Remis an, die Stellung gab ein Weiterspielen auch nicht her, auch hier also ein Unentschieden (dieses sicherte uns endgültig den Gewinn des Tages).

Bei Heiko Rickert an Brett 6 (mal wieder mit Schwarz) sah es in der Endstellung auch ziemlich ausgeglichen aus, gleiche Bauernanzahl, jeweils ein Turm und eine Leichtfigur. Heiko wollte das Remisangebot erst nicht annehmen, aber die Tatsache, dass er damit den Zwischenstand 4:2 herstellte, überzeugte ihn dann, es doch zu tun.

Nach diesen 5 Remisen komme ich nun mit einem dreifachen Tusch zu unserer goldenen Mitte.

Den glorreichen Auftakt machte Horst Mentlein an Brett 3. Mit Weiß hatte er großen Raumvorteil, seine Bauernkette reichte bis c6. Die Schwerfiguren waren getauscht, es waren alle Springer und jeweils noch ein Läufer auf dem Brett verblieben. Aber Schwarz hatte Bauernschwächen und musste auf engem Raum manövrieren. Horst täuschte an, den Bauern auf c7 zu kassieren, Schwarz deckte diesen Bauern und … Horst setzte mit einem seiner Springer matt. Eine Welle der Begeisterung lief durch die Reihen, jedenfalls durch die der Lübecker.

Bei Stephan Lübeck an Brett 5 kam mir die Partie von außen ziemlich wild vor. Seine Kommentare hingegen sind hanseatisch kühl. Nach 21 Zügen war die Stellung für seinen Gegner dann doch zu komplex, Stephan gewann durch Zeitüberschreitung, aber die schwarze Stellung war vermutlich da schon unrettbar verloren. Stephan bleibt somit bei 100 % (4 aus 4).

Jetzt spielte noch der letzte Ritter der goldenen Mitte, Ulrich Böttcher an Brett 4. Wir hatten bereits 4,5 Punkte auf dem Konto, es konnte nichts mehr passieren. Auch vorher hatte ich keine Bedenken bei seiner Partie. Er hatte einen Mehrbauern in einem Endspiel mit jeweils Dame und Turm. Es wurde hin und her laviert, es gab allerlei zu bedenken. Ich befürchtete, dass die anderen Agon-Spieler auch bei diesem Brett zu fortgeschrittener Stunde die Uhren und Figuren abbauen. Auch der Agon-Spieler war mit dem Verhalten seiner Mitspieler, die sich im Nebenraum laut unterhielten, nicht so ganz einverstanden und bat mehrfach um Ruhe. Bei noch 3 Minuten auf unserer Uhr und 10 Minuten auf der Agon-Uhr war dann klar, dass sich unser Mehrbauer durchsetzen würde.

Mit dieser starken Leistung besonders in der Mitte haben wir also gegen Agon Neumünster 5,5:2,5 gewonnen.

Auffällig waren die vielen Remisangebote von Neumünsteraner Seite. Darüber hinaus ist mir zweimal aufgefallen, dass ein Remisangebot sozusagen zur falschen Zeit kam. Nach FIDE-Regeln gilt: Ein Spieler, der Remis anbieten möchte, tut dies, nachdem er einen Zug auf dem Schachbrett ausgeführt und bevor er seine Uhr gedrückt hat. Ein Remisangebot zu einer beliebigen anderen Zeit ist zwar gültig, aber Artikel 11.5 muss berücksichtigt werden. Nach 11.5 ist es verboten, den Gegner auf irgendwelche Art abzulenken oder zu stören. Dazu gehört auch ungerechtfertigtes Antragstellen oder ungerechtfertigtes Anbieten von Remis (…). Also ganz klar eigentlich, ein Remisangebot, das während der Bedenkzeit des Gegners ausgesprochen wird, ist regelwidrig.

Zuhause stellte ich dann fest, dass Harksheide gegen Mölln „nur“ ein 4:4 erreicht hat. Wir sonnen uns also über Weihnachten an der Spitze der Verbandsliga B und sehen in aller Ruhe dem nächsten Spiel am 21.01. gegen Eutin entgegen