„So richtig gut läuft es in Magdeburg irgendwie nie“, bemerkte Felix bereits auf der Hinfahrt mit Blick auf die zahlreichen Norddeutschen Vereinsmeisterschaften der letzten Jahre an diesem Veranstaltungsort. Angesichts der Tatsache, dass die Mannschaft bei den diesjährigen Landesvereinsmeisterschaften insgesamt nur einen Brettpunkt abgab, konnten sich ursprünglich große Hoffnungen auf vordere Platzierungen gemacht werden. Diese Hoffnungen erhielten jedoch einen Dämpfer nachdem bei Levi ein wichtiges Schulprojekt mit dem Zeitraum der diesjährigen NVM kollidierte und er daher nicht teilnehmen konnte. Somit mussten die anderen Spieler alle ein Brett aufrücken.
Trotz dieses Dämpfers war die Mannschaft bestehend aus Hanno, Paul, Ilias und Enes am Anreisetag hochmotiviert und entschlossen. Da die Jugendherberge für die Mannschaft und den Betreuerstab (Felix, Deniz und mich) nicht ausreichend freie Zimmer hatte, buchten wir uns eine Ferienwohnung in der Nähe des Spielorts. Der Weg zu der Wohnung war jedoch herausfordernder als gedacht, da jede zweite Straße aufgrund von Baustellen gesperrt war. Hier war die Bemerkung von Matthias Fenski, dass Magdeburg schön wie ein Flughafen sei, sehr zutreffend.
Die Ferienwohnung war sehr komfortabel und bot viel Platz. Umso erstaunlicher war es, dass sich der Gesamtpreis kaum von dem regulären Preis für die Jugendherberge unterschied. Der Abend wurde mit Nudeln und Tomatensauce sowie bei den Spielern mit intensiven Brawlstars-Runden ausgeklungen.
Bereits um 6:30 wurden alle von Deniz aus ihrem erholsamen Schlummer gerissen. Dieser Umstand brachte auch meinen Uhrwerkschlafrhythmus an seine Grenzen und erst der mitgebrachte Suchard Kakao vermochte mir wieder ausreichend Lebenskraft einzuhauchen.
Gespielt wurde wieder im bekannten Propsteipfarrhaus in der Nähe der Jugendherberge. Ein Blick auf die Setzliste zeigte, dass wir mit Platz 10 im Mittelfeld zu verorten waren. Da wir die erste Mannschaft der zweiten Hälfte waren, bedeutete dies jedoch auch, dass wir in der ersten Runde direkt gegen den Setzlistenersten Hamburger SK antreten mussten.
Dessen DWZ-Schnitt war etwa 350 höher, von daher konnten die Spieler ohne großen Druck an ihre Bretter gehen. Nach drei Stunden war noch keine Partie entschieden und die Stellungen sahen teilweise sogar aussichtsreich aus. Nach einiger Zeit machte sich der Stärkeunterschied jedoch bemerkbar und der Kampf endete 0-4. Dies wurde nicht ganz der Teamleistung gerecht, gerade Hanno stand gegen David Goldmann 30 Züge lang durchgehend besser, bevor in Zeitnot eine Taktik übersehen wurde.
Nach einer kurzen Besprechung wurde sich dafür zu entschieden bereits jetzt den Joker auszuspielen und zum Mittagessen beim berüchtigten Bingöl-Grill einzukehren. Hier war bei der DVM 2020 U10 die Geburtsstädte des Hanno Kampfdöners, der damals die große Wende am Schachbrett einläutete. In der zweiten Runde wurden wir gegen die andere Delegation aus Schleswig-Holstein gelost: Raisdorf. Hanno entfesselte die geballte Macht des Bingöl-XXL-Döners auf dem Schachbrett und konnte auch überraschend schnell den Sieg einfahren.
Paul remisierte darauf in ausgeglichener Stellung, da Ilias und Enes beide besser standen. Dort boten sich jedoch noch spannende Zweikämpfe. In einer unübersichtlichen Stellung wechselte der imaginäre Enginebalken an Ilias Brett regelmäßig die Seite. Am Ende verlor Ilias etwas unglücklich die Partie, nachdem der Gegner ihn mit einer Umwandlungskombination überraschte. Enes hatte sich mit Dame gegen zwei Türme sowie einem starken Freibauern eine aussichtsreiche Stellung erarbeitet. In Zeitnot sicherte er jedoch lieber den halben Punkt, bevor noch böse Überraschungen drohten. Eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung angesichts von Temperaturen von 30° und Räumlichkeiten, die sich nur schwer lüften ließen. Somit 2:2 Endstand.
Die dritte Runde brachte uns Eintracht Neubrandenburg, die deutlich hinter uns gesetzt waren. Es wurde mit 3,5/0,5 ein recht deutlicher Sieg, der auch gerechtfertigt war.
Nach einer kleinen Stärkung beim Bäcker ging es bereits in die vierte Runde, wo wir gegen den Fünftgesetzten TSG Oberschöneweide spielen mussten. Die Niederlage fiel mit 0,5/3,5 etwas deutlicher aus als die Qualität der Partien hättvermuten lassen und es war gerade bei Hanno etwas Pech dabei, dessen Döner-Buff nachzulassen schien. Dies schien sich ebenfalls nachteilig auf seine Schrift auszuwirken
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Am Abend bestellten wir uns Burger um ausreichend Kraft für das kommende Spiel zu sammeln.
Gegen Bremen-Nord war ein Sieg nötig, um in der oberen Tabellenhälfte mitzuspielen. Auf dem Papier ein schlagbarer Gegner. Als bei meinem ersten Rundgang nach 20 Minuten bei Paul bereits eine Leichtfigur fehlte und die anderen Bretter auch eher verhalten standen, kamen bei mir erste Sorgen auf. Doch Paul schaffte es irgendwie die Figur zurückzugewinnen und dann remis zu halten, während Ilias den wichtigen Sieg holte.
Zusammen mit den Remis von Hanno und Enes reichte es für einen knappen Mannschaftssieg.
Für die Nachmittagsrunde bekamen wir Blankenese zugelost, die bislang deutlich besser als ihr Setzlistenplatz spielten. Das taten sie auch diese Runde und wir unterlagen mit 0,5/3,5. Etwas mehr wäre vielleicht drin gewesen, wenn Hanno sich ein Qualitätsopfer getraut hätte und Ilias nicht das Halten der 1:30 auf der Uhr für das wichtigste Kriterium während der Partie zu halten schien, aber ein Mannschaftssieg wäre dennoch unrealistisch gewesen.
Der letzte Abend wurde mit selbstgemachter Pizza, Chips und Marvel ausgeklungen, wobei bei Letzteren eine hitzige Debatte über die Frage entbrannte, ob der erste Thor-Film oder die Loki-Serie besser sei. Für mich unverständlich, da es hier objektiv nur eine richtige Antwort geben kann.
Am letzten Tag sollte noch einmal ein Sieg gegen den USC Magdeburg her. Ilias zeigte, dass er seinen Freudentanz am Vortag zurecht gemacht hatte und gewann seine Partie recht deutlich. Es folgten ein Sieg von Enes und ein remis von Paul, die den Mannschaftssieg sicherten.
Hanno kämpfe noch gut 1,5 Stunden länger und vermochte schließlich nach eigenen Angaben mit „Flaxigen Stülcken-Tricks“ seinen Gegner den ganzen Punkt abzunehmen. Somit ein schöner Abschlusssieg.
Am Ende bedeutete dies, dass wir von den Mannschaftspunkten her punktgleich mit dem 8. Platz waren, aufgrund einer schwachen Zweitwertung insgesamt jedoch 11. waren. Das war nicht ganz das Ergebnis auf das man gehofft hatte, es reihte sich die Serie der mäßigen NVMs in Magdeburg rein.
Allzu groß war die Enttäuschung jedoch nicht. Im Gegenteil, auch auf der Rückfahrt war die Stimmung ausgelassen und es wurde ausführlich über Gedankenspiele, wie was passiert, wenn man eine Hochspannungsleitung durchtrennt (oder man einem Auto dagegen fährt), wenn ein Auto vom Blitz getroffen wird oder man bei Gewitter auf einen Baum klettert, diskutiert. Was man eben typischerweise so auf Autofahrten bespricht. Es blieb glücklicherweise bei reinen Gedankenspielen und wir kamen unbeschadet wieder in Lübeck an.