Nach einem etwas ungleichen Kräftemessen gegen LSV II am vorherigen Spieltag, stand uns nun mit der vierten Mannschaft aus Kiel ein weiteres hartes Los bevor. Ihre Stärke bewiesen unsere Gegner mit einem 6-2 Sieg gegen die vermeintlich stärke dritte Mannschaft aus Kiel am Spieltag davor. Dementsprechend war meine Stimmung etwas gedämpft als ich mich um 8 Uhr an einem kalten Sonntagmorgen auf dem Weg zum Treffpunkt am Bahnhof machte. Doch meine Mannschaftkollegen strahlten wie immer eine Zuversicht aus, der ich mich nicht entwinden konnte.
Immerhin war es mir noch gelungen, den kurzfristigen Krankheitsfall von Hanno durch Newcomer-Talent Elia zu kompensieren, dessen Eltern dankenswerter Weise auf meine Nachricht um 22 Uhr noch positiv reagierten.
Als Fahrer sprangen dieses Mal Felix und Eryk ein, die uns pünktlich und sicher über die autoleeren Autobahnen nach Kiel fuhren. Im Spiellokal angekommen wurden die eintrudelnden Gegner genau unter die Lupe genommen, um die Stärke ihrer Aufstellung erahnen zu können. Zu meiner Überraschung schienen die Gegner wesentlich schwächer als beim letzten aufgestellt zu sein und ich war zuversichtlich, dass wir einige Brettpunkte holen würden. Aber das tatsächliche Ergebnis war dann doch etwas deutlicher.
Mein Gegner musste in der Pirc-Verteidigung irgendwas durcheinander gebracht und entschied sich d5 statt e5 als Zentrumshebel anzusetzen, was mir selbst die Möglichkeit für e5 gab, worauf bereits deutlichen Vorteil hatte.
Mein Gegner verbrauchte in dieser Spielphase sehr viel Zeit, sodass ich viele Gelegenheiten hatte, die anderen Bretter zu begutachten:
Tom hatte am ersten Brett (natürlich) die weißen Steine und präsentiere Kenneth seinen gefürchteten Katalanen. Kenneth schien die Eröffnung vorbereitet zu haben und wählte eine Variante, wo er lange den Mehrbauern halten konnte und dies nach Interpretation von Toms Körpersprache nicht seine Lieblingsvariante war.
Als Erstes wurde Elia nach etwa drei Stunden fertig. Er hatte im Damengambit als Schwarzspieler früh einen Zentrumsbauern weniger – ob geopfert oder eingestellt konnte ich nicht herausfinden. Im Mittelspiel stellte er seine Schwerfiguren jedoch deutlich aktiver und es gelang ihm, in ein gewonnenes Turmendspiel abzuwickeln.
Wenig später musste auch der Sohn von Elia´s Gegner gegen Benjamin die Segel streichen. Nachdem Benjamin in der Eröffnung zumindest seinem Zeitverbrauch zu urteilen etwas unter Druck stand, konnte auch er im Mittelspiel brillieren und überzeugend gewinnen.
Ich stand weiterhin klar besser aber ich suchte verzweifelt nach einem konkreten Gewinnweg und mein zwischenzeitlicher 60 Minuten Zeitsprung schmolz dahin. Daher bekam ich nur am Rande mit, wie beim Brett hinter mir aufgebaut wurde und Ida mir ihr typisches Gewinnernicken zeigte. Sie spielte ebenfalls einen Katalanen und ihre Stellung war aus meiner, ihrer und des Gegners Sicht positionell sehr überzeugend. Die Engine war da nicht ganz so gnädig, aber die Endstellung sah auch unabhängig von dem Aussetzer des Gegners sehr aussichtsreich für Ida aus. Somit bereits 3-0 für uns.
Eryks Gegner präsentierte eine Maroczy-Struktur gegen den Sizilianer. Aus Blitzpartien gegen Eryk, wusste ich, dass er die Variante spielt, die als Maroczy-Spieler keinen Spaß macht. Er machte früh klar, dass es ein Spiel auf zwei Ergebnisse werden würde (kein Remis) und er griff beherzt an. Die Stellung glich einem Schlachtfeld und ich verlor den Überblick. Schließlich konnte Eryk jedoch einen wichtigen Sieg verbuchen. Der erste Mannschaftspunkt war somit gesichert.
Wenig später war auch Rouven fertig, der sich in Stellungen mit heterogenen Rochaden erfahrungsgemäß sehr wohlfühlt und dies auch gegen den 150 Punkte stärkeren Moritz unter Beweis stellen konnte. Damit wurde auf 5-0 erhöht.
Auf Alexandras Brett entbrannte nach einem weitestgehend ruhigen Verlauf eine längere Zeitschlacht, die wohl Chancen für beide Seiten bot. Als sich Nebel der Schlacht legte, fand sich Alexandra in einem Endspiel wieder, was leider nicht mehr zu halten war. Somit 5-1.
Am ersten Brett wurde deutlich, dass Tom sich in den Mittelspiel-Strukturen deutlich besser als sein Gegner auskannte und stellte unter Beweis, dass der Mehrbauer von Kenneth mehr ein Fluch als ein Segen war. Routiniert wickelte Tom schließlich in ein für ihn besseres Turmendspiel ab, in welchen er seinen Gegner regelrechte tranchierte und dort mühelos den vollen Punkt einstrich.
Nun blieb nur noch ich übrig. Kaum zu glauben, dass ich nach dieser Eröffnung nach über 4 Stunden immer noch um den vollen Punkt kämpften musste. Tatsächlich hielt ich mich über die ganze Partie recht konstant bei +3 aber ich ließ diverse Chancen aus. Nach einigen Gespenstern, falsch berechneten Varianten und letzten Hütchentricks des Gegners konnte ich endlich den Punkt zum 7-1 Sieg verbuchen.
Mit einem Sieg in dieser Höhe in der Landesliga hatte vermutlich keiner gerechnet und das lässt uns nun etwas entspannter auf die kommenden Begegnungen blicken. Am kommenden Spieltag gibt es dann zweite Heimduell gegen die Vierte Mannschaft.
