Am vergangenen Wochenende wurde in Magdeburg die DVM in der Altersklasse u10 aus dem Jahr 2020 nachgeholt. Für den Lübecker SV kämpften Hanno Hellenbroich, Ida Kutz, Paul Kutz und Ilias Petridis um den Meisterschaftstitel. Glücklicherweise war die Unterkunft und das Spiellokal im Maritim Hotel und nicht in einer gewissen Jugendherberge, welche von einigen Personen als eines der schlimmsten Unterkünfte auf diversen Schachturnieren bezeichnet wurde.

Die Anfahrt verlief abgesehen von einem kleinen Zwischensprint auf dem Bahnhof von Uelzen reibungslos und alle Spieler kamen pünktlich zur Anmeldung im Hotel an. Es wurde bereits vor der ersten Runde wild spekuliert, wie die Lübecker Chancen denn stehen würden. Als Hauptziel wurde schließlich eine Top-10 Platzierung formuliert, was angesichts des achten Setzlistenplatzes auch realistisch erschien, wenngleich die DWZ Zahlen aufgrund des coronabedingten Mangels an Turnieren aktuell eher einen geringen Aussagewert hatten.

Vor der ersten Runde gab es noch eine kleine Stärkung bei einem nahegelegenen Mexikaner, wo wir die fundamentalen Unterschiede zwischen Tacos, Burritos und Tortillas näher erläutert bekamen.

Nun zum eigentlichen Turnier: In Hannos Worten: „Nach einem holprigen Start, fand das Turnier für den Lübecker SV ein versöhnliches Ende.“ Ich denke, damit hat er es sehr treffend beschrieben.

In der ersten Runde wurden wir gegen die Schachfreunde Tegernheim gelost. Ein Gegner, der auf dem Papier nominell unterfavorisiert war (Setzlistenplatz 27). Doch dem Enthusiasmus der Lübecker Delegation wurde sogleich ein erster Dämpfer verpasst. Hanno wurde am ersten Brett von der Stärke seines Gegners etwas überrascht und warte nach einem Qualitätsverlust vergeblich auf eine Möglichkeit, diesen Fehler wiedergutzumachen, da sein Gegner die Partie sehr sauber runterspielte.

Ida zeigte sich am zweiten Brett nach einer starken Eröffnung ungewöhnlich unkonzentriert und übersah zwei kleine Taktiken, die ihr letztlich die Partie kosteten. Ilias hatte sichtlich Probleme sich wieder in den Turniermodus zu finden, nachdem er seit Frühjahr 2020 quasi kein Turnier mehr gespielt hatte und so ging auch seine Partie verloren. Nur Paul konnte eine Unaufmerksamkeit seines Gegners bestrafen und mit einer Mehrfigur das Endergebnis noch auf 1-3 verkürzen.

Für die zweite Runde gegen Leipzig-Lindenau (Setzlistenplatz 33) gelobten die Spieler Besserung. Leipzig trat nur drei Spielern an, sodass Ilias den Lübecker SV mit 1-0 in Führung bringen konnte. Hanno hatte sich eine starke Angriffsstellung am gegnerischen Königsflügel erarbeitet, allerdings ließ er bei seinen Berechnungen seinen Damenflügel außer Acht, wo plötzlich auf wundersame Weise ein Turm abhandenkam und Hanno in die Knie zwang. Ida und Paul waren jedoch beide in der Lage ihre teilweise sehr unübersichtlichen Stellungen am Ende für sich zu entscheiden und mit einem Ergebnis von 3:1 konnten so die ersten Mannschaftspunkte geholt werden. Somit ging er der erste Tag mit gemischten Gefühlen zu Ende.

Der zweite Tag begann mit einem gemeinsamen Selbsttest und einem üppigen Frühstück, bevor die erste Runde von Dreien insgesamt an diesem Tag bevorstand. Unser Gegner war der Tischtennisclub Grün-Weiß Fritzdorf. Wiederholte eindringliche Mahnungen meinerseits den Gegner trotz des amüsanten Namens dennoch ernst zu nehmen wurden nur halbherzig berücksichtigt. Hanno und Ilias mussten beide mussten nach einigen Ungenauigkeiten die Segel streichen, Paul konnte zwar seinen dritten Sieg einfahren, jedoch ging die Runde nach einem Remis von Ida in einem ebenbürtigen Duell gegen eine nominell stärkere Widersacherin dennoch mit 1,5-2,5 verloren.

Danach lag die Teammoral ziemlich im Argen. Mit 2-4 Mannschaftspunkten gegen nicht sonderlich starke Gegner und Platz 22 in der Tabelle, verlor die Mannschaft etwas den Glauben in ihre Fähigkeiten. Daher traf Kristina Kutz die Entscheidung, dass wir jetzt alle gemeinsam in einen Dönerladen zum Mittagessen gehen sollten. Dieser delikate Schmaus sollte den Wendepunkt in diesem Turnier markieren…

Der Gegner der vierten Runde war Multatuli Ingelheim, wo sich der Trainer zunächst sehr empört zeigte, weil wir ihm kein Marzipan als Gastgeschenk mitgebracht hatten. Durchströmt mit neuer Energie konnten Hanno und Ilias ihre ersten Siege einfahren, Paul konnte erneut triumphieren und Ida hielt ein verloren geglaubtes Endspiel remis. Dieser souveräne 3,5-0,5 Sieg wurde mit einem schmackhaften Eis gefeiert, bevor es in die dritte Runde des Tages ging.

Offenbar waren die Knoten endlich geplatzt, da die die Lübecker Delegation erneut mit 3,5-0,5 gegen Erfurt überzeugen konnte. Positiv anzumerken war auch, dass nicht nur die Ergebnisse, sondern auch einzelnen Partien bei allen Spielern deutlich an Qualität gewannen, was für den letzten beiden Runden die Hoffnung auf einer Top 10 Platzierung weiter am Leben erhielt. Nach der 5. Runde standen wir auf dem 16. Tabellendistanz, also noch in Schlagdistanz, jedoch würden dafür mindestens 3 Mannschaftspunkte in den letzten beiden Runden nötig sein. 

Die erste große Hürde des Tages wartete gleich in der 6. Runde mit dem Düsseldorfer Schachverein, welcher derzeit auf dem 7. Tabellenplatz stand. Es wurde ein spannendes Duell auf Augenhöhe, welches mit 2-2 einen fairen Ausgang fand. Hanno und Paul konnten hierbei ihre Partien für sich entscheiden, während Ida und Ilias nach erbittertem Kampf leider verloren. Dennoch konnten alle Spieler mit ihren Leistungen zufrieden sein und das Top 10 war noch weiterhin rechnerisch möglich.

Nun hing alles von der letzten Runde ab, in welcher wir gegen die Schachvereinigung Blankenese (nicht Blankensee! @Ilias) gelost wurden. Als erstes wurde überraschender Weise Ida fertig, die ihren Gegner von Anfang an überspielte und die Mannschaft mit 1-0 in Führung brachte.

Wenig später beendete Ilias seine Partie mit einem remis und verwies auf die aus seiner Sicht gewonnene Stellung von Paul, womit der Mannschaftssieg sicher sei. Er behielt Recht und Paul beendete das Turnier mit einer weißen Weste und voller Punktzahl. Kurz darauf einigte sich Hanno mit seinem Gegner auf eine Punkteteilung und das Endergebnis lautete 3-1.

Insgesamt erreichte das Team eine Bilanz von 9-5 Mannschaftspunkten, was für 10. Platz in der Endabrechnung reichte. Damit konnte das anfangs gesetzte Ziel der Top 10 trotz eines sehr holprigen Starts dank einer starken zweiten Turnierhälfte noch erreicht werden. Die Stimmung war dementsprechend gut unter den Spielern. Etwas Verwirrung gab es dann noch wegen der Siegerehrung. Es hieß, dass diese für alle, die nicht direkt abreisen wollten, im großen Saal stattfinden würde.

Tatsächlich wussten die Schiedsrichter im Saal jedoch nichts davon und verwiesen uns in ein kleines Büro, wo wir unsere Teilnahmepokale und die Urkunde abholen sollten. Für Paul gab es zusätzlich einen Pokal als Brettbester. Damit das Siegergefühl nicht vollständig abhandenkam, stellte Felix die Vierermannschaft noch einmal auf die Bühne um zumindest noch ein paar Fotos machen zu können. Immerhin konnten wir durch die ausgefallende Siegerehrung eine Stunde früher als geplant in den Zug steigen und wir kamen so bereits gegen 21:00 wieder in Lübeck an. 

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei Felix, Kristina und Tasso für die tatkräftige Unterstützung und zusätzliche Beaufsichtigung der Kinder bedanken!