Hier nun der verspätete Bericht aus der Landesliga. Ich musste mich erst einmal von den Kapriolen des letzten Spieltages erholen. Vor dem Kampf gegen Doppelbauer hatte ich dieses Spiel für recht bedeutungslos erachtet.

Wir sollten mit dem Abstieg und Doppelbauer mit dem Aufstieg nichts mehr zu tun haben. Auch nach unserer Niederlage sollte die Einschätzung für uns weiterhin Bestand haben, aber Doppelbauer ist aufgrund der gleichzeitigen Niederlagen unserer Dritten und Bargteheide auf einmal Tabellenführer. 

Es begann mit einem Remis der höflichen Art. Fin erwies sich als junger Gentleman und überließ seiner Gegnerin den Vortritt und die bessere Stellung. Aber   Ulla Hielscher eine wahre Grand Dame des Schleswig -Hosteinischen Schachs revanchierte sich mit einem charmanten Remisangebot. Es folgten zwei Remisen an den beiden Spitzenbrettern. Bei Ulrich recht ereignislos während Andreas wohl zufrieden sein konnte mit dem friedlichen Ausgang. Dann ging Doppelbauer in Führung. Frederik hatte mit jugendlichem Elan eine hochkomplizierte Stellung heraufbeschworen und seinen Gegner schwer ins Grübeln gebracht. Bekanntermaßen führt intensives Grübeln zur Depression oder zur Erkenntnis. In diesem Fall, wir wollen die Sache nicht zu hoch hängen, zur 2,5:1,5 Führung unserer Gäste.

Nachdem Tigran verloren hatte, war der Kampf entschieden. Tigran kam gut aus der Eröffnung und hatte im Mittelspiel leichten Vorteil. Doch dann lief irgendetwas schief und er verblieb mit dem Endspiel Turm gegen Turm und A und H- Bauern was theoretisch Remis war. Aber mit den theoretisch bekannten Endspielen ist das so eine Sache. Einen besonders skurrilen Fall erlebte ich beim diesjährigen Lübecker Schulschachpokal. Zwei Erstklässler spielten gegeneinander. Der eine hatte nur noch den König der andere zusätzlich einen Turm. Der mit dem Mehrturm gab nun ein Schach nach dem anderen in der Hoffnung, dass es irgendwann zufällig Matt sei. Dies passierte aber nicht und man konnte dem Kleinen ansehen, dass er wusste, dass ein Turm prinzipiell zum Mattsetzen ausreicht. Da kam er auf eine geniale Idee. Er sah seinen Gegner scharf an und teilte ihm mit, dass diese Stellung erwiesenermaßen gewonnen sei und er nun die Pflicht habe aufzugeben. Als dieser sich weigerte, hob er die Hand zum Protest und wollte den Punkt einklagen. Er hatte Pech. Ich war einfach zu weit entfernt, um als Schiedsrichter zuständig zu sein. Ansonsten hätte ich sicherlich dieser erstaunlich kreativen Chuzpe, die selbst einem Felix Krull zur Ehre gereicht hätte, zum Sieg verholfen. So aber eilte Michael Weiss herbei, warf einen ungläubigen Blick auf das Brett und schmetterte mürrisch mit den Worten:“ Na, so weit kommt es noch, dass man seinen Gegner zum Aufgeben zwingen kann.“, die Sache ab. Regelkonform, pädagogisch richtig und der schachlichen Entwicklung des Pennälers sicherlich zuträglich, aber eine bereits jetzt sich anbahnende große Politikerkarriere wurde so früh und jäh beendet.

Zurück nun zu Tigrans Partie. Fairerweise muss man sagen, dass seine Stellung in der Praxis extrem schwer zu halten ist. Mir ist die korrekte Einschätzung dieser Stellung auch nur deswegen bekannt, weil ich jemanden kenne, der jemanden kennt, der von jemanden gehört hat, der angeblich weiß wie das geht.

Wolf machte als nächster Remis. Er hatte die Möglichkeit auf Vorteil ausgelassen und stattdessen inkorrekt eine Figur geopfert. Die behielt er bis ins Endspiel weniger. Dort verteidigte er sich aber so erfindungsreich, dass er letztlich doch noch den Remishafen erreichte. Danach konnte ich mehr als glücklich verkürzen. Ich hatte eine simple taktische Wendung übersehen, wonach ich einen Bauern weniger hatte, einen weiteren schwachen Bauern und extrem aufpassen musste, dass ich meine Figuren so koordiniert bekam, dass sie sich gegenseitig decken konnten. Hinzu kam, dass ich nur noch 40 Sekunden für 15 Züge hatte. Da beschloss mein Gegner, anstatt ruhig zu verstärken, die Stellung zu öffnen. Vielleicht in der Absicht meine Zeitüberschreitung zu erzwingen. So aber erhielt ich Gegenchancen und nach der Zeitkontrolle hatte ich eine Qualität mehr. Als Ausgleich hatte Hans-Adolf Dittmann einen Mehrbauern der zudem ein gefährlicher Freibauer war und latent drohte zu zwei Verbundenen zu mutieren. Sämtliche Endspiele waren für mich hoffnungslos. Aber der König meines Gegners stand etwas luftig und so wäre der logische Ausgang der Partie Remis durch Dauerschach auf der einen oder anderen Seite gewesen. Aber der extrem wechselhafte Verlauf der Partie hatte doch viel Kraft gekostet und so übersah Hans-Adolf noch kurz vor Schluss die rettende Wendung. 3:4! Wird es jetzt nochmal spannend? Aber nein! Berdi hatte einen Minusbauern , eine gedrückte Stellung und nichts mehr auf der Uhr. Und so wurde es nichts mit dem Ausgleich, der Tabellenführung der Dritten, Schampus und guter Laune. Stattdessen wiedermal Rückzug in mein stilles Kämmerlein mit den Schriften des heiligen Benedikts. Dieser hatte bereits im sechsten Jahrhundert darauf hingewiesen, dass Demut der Weg zur Erlösung sei. Das ist sicherlich richtig, aber manchmal würde man als gutherziger Mensch auch seinem Gegner diese wunderbare Erfahrung zuteil werden lassen.