Apolda ist eine Kreisstadt des mittelthüringischen Landkreises Weimar Land. Aufgrund der mehr als 250-jährigen Tradition des Glockengießens ist sie bis heute überregional als "Glockenstadt" bekannt.

Bedeutend ist auch das alljährlich zum Ende der dortigen Sommerferien stattfindende Schachopen, welches in diesem Jahr mit seiner 25. Auflage ein Silbernes Jubiläum feierte. Jürgen Erich und der Berichterstatter hatten sich erstmals im Vorjahr auf die lange (etwa 500 km) Reise gemacht und waren von der Veranstaltung (trotz eines Getriebeschadens inklusive aller damit verbundenen Unannehmlichkeiten) so angetan, dass wir auch 2016 dabei sein wollten.

 

Also machten wir uns am 25. August in aller Herrgottsfrühe auf den Weg.  Über die A7 und sie Südharzautobahn kamen wir gut voran. Weniger gut in Apolda selbst, da ein fein ausgeklügeltes Netz von Strassensperrungen, verwirrenden Umleitungen und überraschenden Sackgassen uns viel Kopfzerbrechen bereitete.

Doch irgendwann war auch das überwunden. Im Hotel wurde eingecheckt und pünktlich zu Runde 1 waren wir in der geräumigen Stadthalle. 101 Spieler hatten sich angemeldet. Jürgen und ich dabei die einzigen Schleswig-Holsteiner - fast. Denn, mittlerweile in Erfurt heimisch, war auch Finn Riedel (früher MTV Leck), der in unserem Landesverband seine nachweisbaren Spuren hinterlassen hatte, dabei:

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Gespielt wurden in diesen 4 Tagen 7 Runden (also außer am Anreisetag täglich 2 Runden) mit einer Bedenkzeit von 2 h/40 Züge + 30 Minuten Rest. Nach der Begrüßung durch den städtischen OB und dem Vortrag einer ellenlangen Verhaltensliste durch den Oberschiedsrichter ging es dann endlich los.

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Auf dem ausgehängten Paarungszettel suchte ich meinen Namen zunächst vergeblich. Bis ich ganz nach oben guckte und entdeckte

TISCH 2: GM LEONID MILOV (SC NT Nürnberg) - ECKHARD STOMPROWSKI (Lübecker SV)

Na toll, gleich gegen den bulgarischen Großmeister mit ELO von knapp 2400. L. Miliv belegte im Vorjahr Rang 2 hinter GM Alexander Zubarev. Nun ja, ich habe nichts zu verlieren. Also los:

Das war die erwartete Niederlage. Aber dennoch, ich habe meinen gut 700 Punkte "schwereren" Gegner einiges abverlangt. Auch, was die Wettlampfdauer betraf. Bei meiner Aufgabe waren nur noch wenige Bretter aktiv und die großmeisterliche Zeit bis auf wenige Minuten abgelaufen. Immerhin musste Milov einige Minuten mein Remisangebot überlegen, bis er die Offerte (vielleicht auch zur Gesichtswahrung) dann doch zurückwies. Und diese Überlegungsminuten will ich mir mal als "Erfolg" zurechnen!

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Am nächsten Tag hatte ich zwei DWZ-schwächere Gegner zugelost bekommen. Beide Partien konnte ich relativ mühelos gewinnen. Auch so rechtzeitig, dass genügend Zeit zur Freizeitgestaltung vorhanden war. Hierfür war aus dem nahem Jena Michael Dreyer in die Glockenstadt gekommen. Bei herrlichem Sommerwetter machten wir einen kleinen Ausflug in das "klassische" (Goethe, Schiller, Wieland, der Ostpreuße Herder, Bauhaus usw) Weimar, das 1998 zum Weltkulturerbe ernannt wurde. In einem Gartenrestaurant schmeckte der Entenbraten und bei einem kleinen Rundgang konnte die toll herausgeputzte Stadt bewundern. Michael brachte mich abends nach Apolda zurück und ich hoffe, er hat aus dem Umleitungsgewirr mittlerweile nach Jena zurückgefunden...

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In Runde 4 durfte ich wieder gegen einen Titelträger antreten. IM Leonid Sobolevsky zerriss mir meinen Le6-Najdorf und ich hatte früh Feierabend. Etwas besser lief es dann in Runde 5 mit Weiß gegen Michael Gräf (DWZ 1865) vom SSV Weimar. Die Partie endete Remis, obwohl Jürgen Erich und Finn Riedel meine Schlusstellung für "glatt gewonnen" hielten.

Mit Schwarz dann am Samstagnachmittag gegen Marco Geißhirt (SG Barchfeld/Breitungen, DWZ 1939), der mir das Jähnisch-Gambit vorsetzte:

Etwas schade, denn bis dahin hatte ich ganz gut mitgehalten. Übrigens wurde trotz des Figurenverlustes es nochmal spannend und es ergab sich (wie er mir nach der Partie zeigte) ein möglicher Remisweg, den ich aber leider nicht sah.

Sonntag, d. 28.08.16. Letzter Turniertag. Sollte ich heute gewinnen, hätte ich mein angestrebtes 50 %-Resultat erreicht. Es ging mit schwarz gegen Gunter Stuchlik (SV Greiz, DWZ 1370), der mich im Alapin mich der bizarren Idee (1. e4 c5, 2. c3 d5 3. cd Dd5x 4. Df3 Dd8 5. Lc4 und Remisangebot) konfrontierte. Dies lehnte ich mit 5. ...Sf6 zwar ab, aber mittlerweile hatte Jürgen Erich frühzeitig remisiert. Nach kurzer Beratung entschlossen wir uns, die Heimfahrt anzutreten. Also doch remis. Keine 50 %. Aber vor uns lagen viele Kilometer Autobahn, da muss man auch mal zurückstecken.

Jürgen Erich hatte die 50 % voll. Nur eine gegen einen DWZ 2200er verloren. Eine gewonnen, Rest remis.

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Gesamtsieger wurde der Ukrainer GM Andriy Vovk, das Elo-Schwergewicht (2635) ließ nichts anbrennen und siegte souverän mit 7 aus 7 vor dem Erfurter Ferenc Langheinrich (6,0) und Thorsten Schmitz (SC Garching, 5,5)

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Übrigens mein Erstrundengegner Leonid Milov belegte am Ende mit 5 Punkten angeschlagen Rang 15. Ich vermute, die erste Runde hatte ihn zu viel Kraft gekostet. Näheres erfährt man auf der Turnierseite